mal mal, nochmal was - aRaum

mal mal, nochmal was

Die gezeigten Bilder sind Teil des Versuchs eines gleichzeitig partizipatorischen und digitalen Ansatzes unter dem Projektnamen mal mal, nochmal was. Sie werden ab Mitte März bei Dunkelheit an die Fenster der Humboldstraße 94 projiziert. Bis wann ist noch nicht klar. Zusätzlich werden sie auf dieser Website in der Form, dass jede*r User*in eine zufällige Zeichnung als ein rotierendes Objekt auf seinem*r Startbildschirm wiederfinden kann, ausgestellt. In der Galerie weiter unten könnt ihr alle Bilder anschauen und bei Bedarf durch klicken vergrößern

Zum Projekt: Die Zeichnungen wurden in den letzten Monaten auf unserer Website von User*innen gemalt. Bei Aufruf der Website araum.de begannen alle User*innen automatisch in einem bestimmten Bereich gelb zu malen. Nach ca. 10 Sekunden wurde eine Nachricht eingeblendet, ob sie dieses Bild anonym für dieses Projekt abspeichern, weitermalen oder löschen möchten. Gleichzeitig hat das Gemalte angefangen sich um die eigene Achse zu drehen. So haben sich insgesamt 142 Bilder angesammelt. Wer welche Zeichnung gemalt hat ist nicht mehr klar. Vielleicht warst du ja auch dabei?

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Gallerie aller gemalten Bilder (142):


Einige Ideen dazu:

Jedes Projekt ist Kind seiner Zeit, weswegen naheliegend ist, dass aktuelle Entwicklungen dieses entstehen lassen und ideologisch formen. Dies rückwirkend zu reflektieren soll die Grundlage für diesen Text darstellen.

Die Installation möchte auf mehrere vermeintliche Aspekte unserer Zeit anspielen: Wird der Browser gestartet und eine Seite geöffnet, wirkt alles zuerst sehr funktional, passiv und harmlos. Das hängt auch damit zusammen, dass es schwer ist mitzubekommen, was während des Aufenthalts auf der Seite im Hintergrund passiert. Auf den meisten Websites wird das Verhalten akribisch dokumentiert und gespeichert, um später eine Analyse anzufertigen. Dieses Aufzeichnen passiert im Unsichtbaren. Dies ist zwar nichts Neues, dennoch sind die Dimensionen dieses Datensammelns so groß, dass immer wieder und überall dafür sensibilisiert werden sollte. Denn was unsichtbar ist, ist nur schwer einzuschätzen. Das Malen und somit das Verfolgen der gelben Farbe vom Mauszeiger zeigt diese Möglichkeit – soll diese Möglichkeit des Tracking sichtbar machen. Durch die Speicherung der Zeichnungen und die (Design-)Objektwerdung des Gemalten findet sozusagen eine Hyperindividualisierung der Website statt. Keine*r hat dieselbe Website wie du, denn jeder malt anders. Mit (Design-)Objektwerdung ist das Resultat des Prozesses gemeint, der das unbe- stimmte gelb Gezeichnete nach 10sek um sich selbst drehen lässt. So entsteht eine neue Tiefe des Bildes, wodurch das Eindimensionale zu einem 3D-Objekt der Website wird.

Interessant ist diese Entwicklung auch in Bezug auf soziologische Beobachtungen wie von Andreas Reckwitz, der eine zunehmende Singularisierung in der Gesellschaft ausmacht und diese zu einem Schlüsselmecha- nismus der Gegenwart erklärt. Auch wenn dieser Analyse hier weder widersprochen, noch zugestimmt werden soll, ist eine solche Tendenz auch im Kern dieses Projektes wahrnehmbar. Die Begeisterung für eine Singularisierung der Website und somit auch des Erlebnisses des*der User*in war mitunter ein Beweggrund für dieses Projekt. Wobei es hier zusätzlich noch mit einer Demokratisierung der Frage: Was gesehen wird? kombiniert werden soll. Nicht Ich oder ein Anderer sollte bestimmen was sichtbar ist, sondern die User*innen selbst. Dabei ist dies natürlich nicht in einem diskursiven Verhältnis, weswegen das Wort "Demokratisierung" eventuell einen falschen Eindruck vermittelt. Es werden einzelne Zeichnungen und Ideen gezeigt, die jeweils zufällig ausgewählt das Spektrum an Zeichnungen abbilden sollen. Soweit zumindest die Idee. Ein Schlupfloch dabei war jedoch ein Bild mehrfach in unterschiedlichen Stadien abzuspeichern. Diese sind dann folglich, auch wenn sie meist feine Unterschiede besitzen, überrepräsentiert.

Der (radikalen) Demokratisierung hängen zusätzlich Gedanken an, die im museumstheoretischen Bereich entwickelt wurden und hier transferiert werden sollen. Dabei ist z. B. das Konzept des Para-Museum als Theorieansatz von Nora Sternfeld zu nennen, das Museen einer krassen Veränderung ihrer Praxis unterzieht und sie radikaldemokratisch denkt. Hierbei sollte das Projekt auch als Angriff auf aktuelle Museumspraxis verstanden werden: Denn diese Ideen, wie sie sich im Para-Museum kristallisieren, werden in den Institutionen Einzug halten und früher oder später eingefordert werden. "Verändert ihr euch nicht, verändern wir es!" könnte ein Kredo dessen sein. Für diese Utopien wird aus subkulturellen Strömungen gekämpft werden und es zwangsläufig auch in größere Institutionen überschwappen. Das Projekt ist ein Ansatz, um solche Ideen zu revitalisieren.

Der partizipative Gedanke des Projektes steht, wie oben dargelegt, eng in Verbindung mit dem Konzept der Demokratisierung. Zugleich wurde diese Symbiose auch durch Ansätze der Kunst- und Kulturvermittlung nach Mörsch inspiriert, die partizipative Vermittlungsarbeit in den Fokus rückt. Dabei wird diesen die Möglichkeit zugesprochen als Instrument einer Gegenkanonisierung zu funktionieren und somit auch eine Demokratisierung der Museen, zumindest theoretisch, vorantreiben zu können.


Hier ist das Interface indem die Bilder gemalt wurde. Wenn du jetzt ein bisschen malst, hast du keine Möglichkeit diese Bilder zu speichern. Funktioniert nur auf dem Desktop, leider aktuelle nicht für mobile Geräte (Handy, Tablet etc.)

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Zum Weiterlesen:
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Sternfeld, Nora. 2016. "Im post-repräsentativen Museum." In Ausstellen und Vermitteln im Museum der Gegenwart.
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Reckwitz, Andreas. Die Gesellschaft der Singularitäten: zum Strukturwandel der Moderne. Berlin: Suhrkamp; 2017.
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Mörsch, Carmen (2012). Kapitel 4. Wie wird vermittelt? in ZHdK (Hg.) Zeit für Vermittlung. Eine online Publikation zur Kulturvermittlung. S. 88-126. https://www.kultur-vermittlung.ch/zeit-fuer-vermittlung/download/pdf-d/ZfV_0_gesamte_Publikation.pdf
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"Do Not Track." Do Not Track, 3 May. 2016, donottrack-doc.com/de/about.


Weitere Datein:

[Video] Videoinstallation (Humboldstraße)

[PDF] Digitales Booklet zum Projekt



Diese Projekt wurde gefördert durch den AstA der Universität Bremen und das Ortsamt Mitte, bei denen wir uns dafür herzlich bedanken.

hallo

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